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Der Horror von Auschwitz auf der Münchner Opernbühne

Die Münchner Oper wird hochpolitisch: Der gefeierte Regisseur Tobias Kratzer inszeniert dort «Die Passagierin» über eine Holocaust-Überlebende - emotional und mit viel Fingerspitzengefühl.
Operninszenierung «Die Passagierin»
Eine Szene aus der Münchner Inszenierung der Oper «Die Passagierin». © Wilfried Hösl/Bayerische Staatsoper/dpa

Wie bringt man den Horror von Auschwitz auf die Opernbühne? Regisseur Tobias Kratzer und Dirigent Vladimir Jurowski haben auf diese Frage eine eindrucksvolle Antwort gefunden. Am Sonntagabend feierte ihre Interpretation der Oper «Die Passagierin» von Mieczysław Weinberg Premiere an der Bayerischen Staatsoper. Eher höflichen als restlos begeisterten Applaus gab es für die Neuproduktion - und das, obwohl Kratzer die hochpolitische Oper bei seinem Debüt im Nationaltheater in München mit viel Fingerspitzengefühl und dennoch sehr emotional inszeniert.

Die Oper - von Jurowski von zweieinhalb auf zwei Stunden gekürzt - erzählt die Geschichte der Holocaust-Überlebenden Marta (an diesem Abend herausragend: Elena Tsallagova), die glaubt, auf einer Kreuzfahrt Lisa (Sophie Koch) wiederzuerkennen, eine Aufseherin aus dem Vernichtungslager Auschwitz, die an der Ermordung ihres Verlobten Tadeusz (Jacques Imbrailo) beteiligt war.

Das Libretto basiert zum großen Teil auf dem autobiografischen Werk der polnischen Autorin Zofia Posmysz, die zwischen 1942 und 1945 in Auschwitz gefangen war. Das Besondere: Das Opfer versucht dabei, sich in die Täterin hineinzuversetzen und zu ergründen, was damals in ihr vorgegangen sein mag und wie sie ihre Taten von einst heute zu rechtfertigen versucht.

«Es ist ja eine absurde Dialektik, dass da eine Autorin, die selbst Auschwitz überlebt hat, jetzt gewissermaßen ins Hirn der Täterin schlüpft und auch aus dieser Perspektive eigentlich 80 Prozent des Romanes erzählt», sagte Kratzer, der künftige Intendant der Hamburger Staatsoper, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Er habe lange darüber nachgedacht, ob er die Regie übernehmen soll. «Auch dass Szenen direkt in Auschwitz spielen, ist eine Herausforderung, weil es für mich undenkbar ist, gestreifte Lagerkittel zu zeigen oder den Damenchor mit geklebten Glatzen auf die Bühne zu lassen.»

Stattdessen verknüpft er diese Szenen mit denen auf dem Kreuzfahrtschiff überaus kunstvoll und sehr entlarvend. Schließlich liegen die von den Nationalsozialisten ermordeten KZ-Insassen tot auf gedeckten Tischen, während die KZ-Aufseher das mit Kerzen geschmückte Dessert hereinbringen. Das TV-Traumschiff lässt grüßen, bundesrepublikanische Spießigkeit überdeckt den Horror des Holocaust.

Kratzer sieht aber gleich mehrere moralische Dilemmata, mit denen seine Inszenierung den Zuschauer konfrontiert - schon direkt zu Beginn, wenn eine gealterte Lisa (Sibylle Maria Dordel) die Urne mit der Asche ihres Mannes mit auf das Schiff nimmt. «Allein das wirft ganz viele Fragestellungen auf, die einen vielleicht auch persönlich berühren, nämlich dass die Asche eines engen Anverwandten ja den meisten Menschen mehr bedeutet als die millionenfache Asche anonymer Massentötungen.»

Der Regisseur hat der Ursprungsfassung diese weitere, aktuelle Ebene hinzugefügt - geprägt von Fällen, in denen greise, frühere KZ-Sekretärinnen vor Gericht stehen. «Natürlich möchte man einerseits, dass das abgeurteilt und niemals vergessen wird und niemals verjährt, gleichzeitig aber vor der Absurdität steht, dass sich jetzt eine Frau, die im Rollstuhl sitzt, kaum mehr sehend und hörend, noch einmal für etwas verantwortet, was sie damals als junges Mädchen vielleicht ja gar nicht umrissen hat.»

Teil dieser Ebene ist auch die Frage nach der deutschen Erinnerungskultur und danach, wie sie Bestand haben kann ohne Zeitzeugen. Am Ende der Oper steht der Satz: «Wenn eines Tages eure Stimmen verhallt sind... dann gehen wir zu Grunde.»

© dpa
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