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Traunsteiner Missbrauchsprozess: «Bilder im Kopf loswerden»

Steht einem Mann, der als Kind von einem Priester missbraucht wurde, Schmerzensgeld zu? Und wenn ja, wie viel? Vor dem Landgericht Traunstein schildert der Kläger den Täter als Mann, der in den Himmel gelobt wurde - und in die Hölle gehörte.
Fortsetzung Prozess gegen Erzbistum München wegen Missbrauchs
Ein Einsatzwagen der Polizei steht vor dem Landgericht in Traunstein. © Uwe Lein/dpa

«Sie haben ihn in den Himmel gehoben, obwohl er eigentlich in die Hölle gehört.» Im Prozess um Schmerzensgeld für einen Betroffenen von sexuellem Missbrauch hat vor dem Landgericht Traunstein erstmals der Kläger ausgesagt.

Der frühere Ministrant Andreas Perr, der angibt, vom Wiederholungstäter Priester H. in Garching an der Alz missbraucht worden zu sein, schilderte am Mittwoch, wie Gemeindemitglieder und Kirchenvertreter den Skandal-Pfarrer sahen, welches Ansehen er genoss.

Und er berichtete, wie der damalige Missbrauchsbeauftragte des Erzbistums München und Freising auf seine Vorwürfe gegen den Geistlichen reagiert habe: Man habe ihm das Gefühl gegeben, selbst schuld zu sein. «Wenn ich schon einen Pornofilm anschaue mit einem Pfarrer, dann passiert so etwas.»

Perr ist eines von zahlreichen Opfern des Priesters, dessen Fall der wohl bekannteste aus dem vor zwei Jahren vorgestellten Gutachten zu sexueller Gewalt im katholischen Erzbistum München und Freising ist. Perr ist der erste, der deswegen vor Gericht auf Schmerzensgeld klagt. Mindestens 300.000 Euro verlangt er von dem Täter und vom Erzbistum - und auch Schadenersatz.

Perr und seine Anwälte machen den Übergriff des Priesters dafür verantwortlich, dass sein Leben aus der Bahn geriet, dass er schwer drogenabhängig, immer wieder rückfällig und auch straffällig wurde. Schon früh habe er mit Alkohol angefangen, schilderten auch Mediziner, die ihn in den vergangenen Jahren begutachteten und behandelten.

Es habe mit Alkohol und Zigaretten angefangen, irgendwann habe er dann auch Heroin und Kokain konsumiert. Als er das erste Mal in Haft gewesen sei, habe er versucht, sich das Leben zu nehmen - «weil mein Leben so beschissen war», sagte Perr vor Gericht.

Die «Drogenproblematik» besteht seinen Angaben nach bis heute. «Ich wollte die Bilder in meinem Kopf loswerden, die sonst da waren», sagte er. «Ich hab immer ein Gefühl von Ekel gehabt.»

Der Täter habe ihn damals «als den bösen Jungen dargestellt». Als auf dem Garchinger Friedhof einmal - vielleicht nach einem Sturm - Grabsteine umgestürzt seien, habe der Priester ihn dafür verantwortlich gemacht - «obwohl ich das gar nicht war», sagte Perr.

Die entscheidende Frage des Prozesses lautet: Sind die psychischen Probleme des Mannes und seine schwere Drogensucht auf den Missbrauch zurückzuführen? Um diese Frage zu klären, hatten Perrs Anwälte für Mittwoch auch zwei Mediziner als Zeugen benannt, die ihn im Laufe der Jahre begutachtet und behandelt hatten.

Eine Mitarbeiterin des Versorgungsamtes kam in ihrem 2011 erstellten Gutachten zu dem Schluss, «dass der sexuelle Missbrauch eine annähernd gleichwertige Mitursache für die späteren resultierenden psychischen Störungen sind», wie sie vor Gericht ausführte. Perr hatte damals einen Antrag auf Entschädigung nach dem Opferschutzgesetz gestellt.

Entscheidend wird nun ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten sein. Ein Sachverständiger, der auch die Zeugenaussagen am Mittwoch anhörte, soll beurteilen, ob Perrs Leben wegen des Missbrauchs aus den Fugen geriet. Wann das Gutachten vorliegen soll, war noch unklar.

Der Prozess hatte vor allem deshalb bundesweit Schlagzeilen gemacht, weil unter den Beklagten ursprünglich auch der inzwischen gestorbene Papst Benedikt XVI. war. Als damaliger Kardinal Joseph Ratzinger war er Erzbischof von München und Freising, als der betreffende Priester in sein Bistum versetzt wurde.

Das Verfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt, weil nach seinem Tod noch immer unklar ist, wer seine Rechtsnachfolge antritt und damit gewissermaßen auch das Verfahren erbt. Deshalb bleibe das Verfahren in diesem Zusammenhang ausgesetzt.

© dpa ⁄ Britta Schultejans, dpa
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