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Spanien drohen trotz Regierungsabkommen turbulente Zeiten

Wenn es keine Überraschungen gibt, ist in Spanien der Weg frei für eine Neuauflage der linken Regierung von Pedro Sánchez. Doch Ruhe kehrt damit in der viertgrößten EU-Volkswirtschaft wohl nicht ein.
Spanien
Bleibt aller Voraussicht nach Ministerpräsident: Pedro Sanchez (l.) - und Andoni Ortuzar, PNV-Präsident, im Unterhaus in Madrid. © Eduardo Parra/EUROPA PRESS/dpa

Pedro Sánchez hat sich in Spanien endgültig als «Stehaufmännchen» bewährt: Der Mann, der immer wieder und zuletzt nach der Parlamentsneuwahl von Ende Juli vor dem politischen Aus zu stehen schien, bleibt aller Voraussicht nach Ministerpräsident der viertgrößten Volkswirtschaft der EU. Dafür sorgte am Freitag ein Abkommen mit der baskischen Partei PNV, das den Weg frei macht für eine Wiederwahl des Sozialisten im Unterhaus des Parlaments. Vor dem 51-Jährigen liegt nun eine weitere vierjährige Amtszeit. Entscheidend waren aber zuvor die ebenso komplizierten wie umstrittenen Abkommen mit den beiden separatistischen Parteien der Region Katalonien.

Der erneute Triumph von Sánchez, der Spanien schon seit fünfeinhalb Jahren - Jahren mit Pandemie, Kriegen und Inflation - regiert, könnte aber ein Pyrrhussieg sein, also ein (zu) teuer erkaufter Erfolg. Denn trotz der verschiedenen Abkommen zur Bildung einer neuen Regierung steht das Land vor turbulenten Zeiten.

Für Entrüstung, ja Aufruhr, sorgt in erster Linie die Amnestie, die die Sozialisten den «Catalanistas» um den in Brüssel im Exil lebenden Separatistenführer Carles Puigdemont zugesichert haben. Vereinbart wurde ein Straferlass für alle von der Justiz zwischen 2012 und 2023 verfolgten Unabhängigkeitsbefürworter. Also auch für jene, die mit dem "Noch"-Justizflüchtling Puigdemont an dem gescheiterten Abspaltungsversuch vom Herbst 2017 beteiligt ware.

Tausende gehen auf die Straße

Die Stimmung kocht. Schon sieben Nächte in Folge protestieren Tausende vor den Quartieren der Sozialistischen Partei (PSOE) in verschiedenen Städten Spaniens und auch in Brüssel zum Teil sehr gewalttätig gegen das geplante Amnestiegesetz, das im Detail noch nicht ausgearbeitet ist. Am Donnerstagabend wurden etwa allein in Madrid 24 Demonstranten festgenommen, sieben Polizisten wurden bei heftigen Zusammenstößen verletzt. Mehrere PSOE-Sitze wurden mit Beschimpfungen und Hassparolen beschmiert. Auch in Brüssel, wo an der Fassade am Freitag «Traidores» (Verräter) zu lesen war.

Bei den Teilnehmern dieser als «spontan» deklarierten Kundgebungen handelt es sich mehrheitlich um Anhänger und Politiker der rechtspopulistischen Partei Vox, die schon mal mit Hitlergruß und «Viva Franco»-Rufen - «Hoch lebe (Diktator) Franco» - protestieren. Aber auch die Volkspartei PP von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo hat Widerstand auf den Straßen angekündigt. Für Sonntag hat sie zu einem ersten landesweiten Protest aufgerufen. Die Amnestiepläne bezeichnet Feijóo als «Anschlag auf den Rechtsstaat». Isabel Díaz Ayuso, die sehr einflussreiche Regierungschefin der Region Madrid, spricht gar vom Beginn einer «Diktatur».

Spekulationen über ein politisches Attentat

Für weitere Aufregung sorgte, dass am Donnerstag der rechte spanische Politiker und Vox-Mitbegründer, der 78-jährige Alejo Vidal-Quadras, in Madrid auf offener Straße niedergeschossen und schwer verletzt wurde. Das Motiv war zunächst unklar. Es gab Spekulationen über ein politisches Attentat, die Polizei schloss aber auch einen Raubüberfall nicht aus.

Die Abstimmung über die Kandidatur von Sánchez im Unterhaus des Parlaments in Madrid, dem «Congreso de los Diputados», wird mutmaßlich nächste Woche stattfinden. Einen Termin gibt es noch nicht. Nach Abkommen mit dem Linksbündnis Sumar, mit den beiden separatistischen katalanischen Parteien, der liberalen Junts und der linken ERC, mit PNV und anderen Regionalparteien aller Couleur kann Sánchez auf 179 von insgesamt 350 Stimmen bauen - somit erscheint seit Freitag die absolute Mehrheit und somit die Wiederwahl schon in der ersten Abstimmungsrunde als sicher. Es wird erwartet, dass Tausende versuchen werden, vor dem Unterhaus die Party der Sozialisten zu stören. Es herrsche Angst vor einer Gewalteskalation, berichtete der TV-Sender RTVE.

Die Sozialisten hatten bei der vorgezogenen Wahl am 23. Juli nur den zweiten Platz hinter der konservativen Volkspartei (PP) von Spitzenkandidat Feijóo belegt. König Felipe VI. hatte deshalb zunächst Feijóo mit der Regierungsbildung beauftragt. Doch die Kandidatur des 62-Jährigen wurde Ende September vom Unterhaus abgelehnt - unter anderem auch deshalb, weil Feijóo mit Vox heftig geflirtet hatte. Als Sánchez an der Reihe war, waren die wenigsten von den Erfolgsaussichten überzeugt - auch innerhalb der PSOE.

Aber dem smarten Sozialisten, der nicht erst seit gestern als politischer Überlebenskünstler gilt, weil er schon oft politisch totgesagt wurde und immer wieder Widerstände innerhalb und außerhalb der eigenen Partei überwinden konnte, gelang mit dem Abkommen mit Puigdemont und Parteien aller Couleur das, was die katalanische Zeitung «La Vanguardia» und andere Medien Spaniens extrem skeptisch als «Quadratur des Zirkels» bezeichnet hatten.

© dpa ⁄ Emilio Rappold, dpa
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