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Gewaltkriminalität im ersten Halbjahr 2023 gewachsen

BKA-Chef Münch spricht mit Blick auf steigende Zahlen bei Gewaltdelikten von einer «besorgniserregenden» Entwicklung. Experten diskutierten in Wiesbaden über Wege, Wellen von Gewalt zu brechen.
Holger Münch
Nancy Faeser

Im ersten Halbjahr 2023 ist die Gewaltkriminalität in Deutschland deutlich angestiegen. Nach vorläufigen Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) kletterten die Zahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 17 Prozent nach oben, wie der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, bei einer Fachtagung in Wiesbaden sagte. Der Zuwachs sei vor allem auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu verzeichnen - weniger im privaten Wohnraum.

In diese Kriminalstatistik fließen alle Delikte ein, die der Polizei bekannt werden. Die Zählung erfolgt, wenn der Fall an die Strafverfolgungsbehörden abgegeben wird. Bei der BKA-Herbsttagung diskutieren Sicherheitsexperten bis Freitag über die Frage «Ursachen und Dynamiken von Gewalt - wie brechen wir die Welle?». Wichtiges Thema war auch der Kampf gegen Antisemitismus, etwa im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober.

BKA-Präsident: Anstieg «besorgniserregend»

Münch nannte den Anstieg bei den Gewaltdelikten «besorgniserregend, weil wir nicht wissen, wo es hingeht». Ein langfristiger Abwärtstrend scheine beendet zu sein. Zu den Gründen für die höheren Zahlen zählten unter anderem, dass die Menschen nach dem Wegfall von coronabedingten Einschränkungen wieder mehr in der Öffentlichkeit unterwegs seien. Dadurch ergäben sich mehr Tatmöglichkeiten und -anlässe.

Zudem werde erstmals seit Jahren die Inflation in der Bevölkerung als wesentliches Problem wahrgenommen. Dies korreliere mit der Zahl der Gewaltdelikte, erläuterte der BKA-Chef. In wirtschaftlich schwächeren Regionen seien die Fall- und Tatverdächtigenzahlen höher. Weiterer Aspekt seien die sozialen Belastungen von Kindern und Jugendlichen als Folge der Corona-Maßnahmen. Diese könnten sich auf die Anfälligkeit für Straftaten auswirken.

Als dritten Punkt nannte Münch die aktuell hohen Zuwanderungsraten, wodurch sowohl die Bevölkerungszahl insgesamt ansteige als auch der Anteil von Ausländern an der Gesamtbevölkerung. Es sei davon auszugehen, dass viele Schutzsuchende mehrere Risikofaktoren aufweisen, die Gewaltkriminalität wahrscheinlicher machen. «Dazu gehören die Lebenssituation in den Erstaufnahmeeinrichtungen sowie wirtschaftliche Unsicherheiten und Gewalterfahrungen.»

Bei den Gewalttaten sei im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar ein stärkerer Anstieg bei Ausländern als bei Deutschen zu verzeichnen, teilte das BKA mit. Im Verhältnis zur deutlich gestiegenen Anzahl nichtdeutscher Menschen an der Gesamtbevölkerung falle der relative Anstieg deutscher und nichtdeutscher Tatverdächtiger jedoch ähnlich aus.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, Kriminalität könne nicht allein mit Strafrecht erfolgreich bekämpft werden. «Wenn wir das Problem an der Wurzel packen wollen», dann müsse auch auf gesellschaftspolitischen Ursachen geschaut werden.

Politisch motivierte Kriminalität verdoppelt

Nach den Worten von Münch hat sich die Zahl der Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität binnen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Diese Zunahme zeige «die Zuspitzung politischer und gesellschaftlicher Spannungen - teilweise bin hin zu einer versuchten Delegitimierung des Staates und seines Gewaltmonopols».

Mögliche Treiber einer solchen Entwicklung seien die aktuell vielfältigen Unsicherheits- und Stressfaktoren, mit denen die Gesellschaft in Zeiten multipler internationaler Krisen konfrontiert werde, erläuterte Münch.

Der Extremismusforscher Ahmad Mansour sieht mit Blick auf antisemitische Propaganda in Deutschland ein zunehmendes Radikalisierungspotenzial etwa bei Rechtsextremen und muslimischen Jugendlichen. Die Hamas betreibe einen Krieg an mehreren Fronten - «und eine dieser Fronten ist in Europa und die Fähigkeit, hier die Leute auf der Straße zu mobilisieren», erläuterte er.

Während die Hamas die Menschen unter anderem mithilfe stark emotionalisierter Bilder und auch Fake News in sozialen Medien erreiche, gebe es bei der «digitalen Sozialarbeit» in Deutschland einen enormen Nachholbedarf.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sind in Deutschland in diesem Zusammenhang nach den Worten von Münch mehr als 3700 Straftaten registriert worden.

© dpa ⁄ Andrea Löbbecke, dpa
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