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«Cum-Ex»: Rot-Grün sieht Fehler bei der Finanzverwaltung

Seit mehr als drei Jahren prüft ein Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft eine mögliche Einflussnahme führender SPD-Politiker im «Cum-Ex»-Skandal der Warburg Bank. Am Mittwoch gibt es einen Zwischenbericht - abweichende Meinungen schon jetzt.
Bürgerschaft Hamburg
Das Hamburger Rathaus. © Jonas Walzberg/dpa/Archivbild

Mehr als drei Jahre haben die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft im Untersuchungsausschuss zum «Cum-Ex»-Skandal nach einer Einflussnahme führender SPD-Politiker auf den Steuerfall der Warburg Bank gesucht. Ob sie fündig geworden sind, hängt nun von der Interpretation der einzelnen Fraktionen ab. Die regierende Koalition aus SPD und Grünen sieht weiter keine Hinweise auf eine politische Einflussnahme - wohl aber Versäumnisse seitens der Finanzverwaltung. Die Linken dagegen attestierten am Montag dem damaligen Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz sowie dem heutigen Bürgermeister und damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher (beide SPD) zumindest eine indirekte Einflussnahme.

An diesem Mittwoch soll der Zwischenbericht zum bisherigen Verlauf im Ausschuss beschlossen werden. Nach dpa-Informationen gibt es zu dem mehr als 1000 Seiten umfassenden Entwurf rund 200 Anmerkungen, mehr als 100 von Rot-Grün selbst, gut 90 von der CDU sowie 8 von der AfD und 7 von der Linken. Sowohl Rot-Grün als auch die Linken erläuterten am Montag ihre Sicht der Dinge zum Zwischenbericht, die CDU will ihre Einschätzungen am Dienstag vortragen.

Der Untersuchungsausschuss war nach Bekanntwerden dreier Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Warburg-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017 eingesetzt worden. Gegen Olearius war zum Zeitpunkt dieser Treffen bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs im Zusammenhang mit «Cum-Ex» ermittelt worden.

Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro gegen die Bank verzichtet - und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufen lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.

Aus Sicht von Rot-Grün hat 2016 bei der Abwägung in der Finanzverwaltung die Sorge vor einer von dem Geldhaus selbst behaupteten Existenzgefährdung ungeprüft eine Rolle gespielt. Zwar habe diese nach Aussagen der vor dem Ausschuss gehörten Zeugen nicht dazu geführt, dass man von einer Rückforderung abgesehen habe, sagten die Obleute von SPD und Grünen, Milan Pein und Farid Müller. Jedoch habe sich die Finanzverwaltung wegen dieser - letztlich unbegründeten - Sorge mit einer möglichen Amtshaftungspflicht im Falle einer Gefährdung der Bank beschäftigt.

Zudem habe die Finanzverwaltung keinen Gebrauch von der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen gemacht, die in der Abgabenordnung geregelt ist. Diese sehe eine Umkehr der Beweispflicht hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung der Kapitalertragsteuer vor. Außerdem sei irrtümlich von einer Teilverjährung des Rückforderungsanspruchs ausgegangen worden.

Der Linken-Obmann im Ausschuss, Norbert Hackbusch, erinnerte dagegen daran, dass Scholz Olearius nach dessen Besuch aufgefordert hatte, sein Papier zur Lage der Bank ohne weitere Kommentare an Finanzsenator Tschentscher weiterzugeben. Tschentscher wiederum habe das Papier dann samt der dort kolportierten möglichen Pleite der Bank an die Finanzverwaltung weitergeleitet - was angesichts des persönlichen Weiterreichens Tschentschers für die Finanzbeamten wohl eine Art Leitlinie gewesen sei.

Insofern kommen die Linken auch zu dem Schluss, dass sehr wohl zumindest eine indirekte Einflussnahme hoher SPD-Vertreter vorliege. Wichtige Teile der Finanzbehörde seien als «vehemente Verteidiger des Steuerräubers» aufgetreten, sagte Hackbusch. Das sei nur mit Tschentschers Rückendeckung möglich gewesen. Hackbusch räumte aber ein: «Wir haben keinen Beweis (...) für eine direkte Einflussnahme gefunden.» Das betreffe Tschentscher und auch Scholz.

Die Linken stellten keine direkte Rücktrittsforderung auf. Auf Nachfrage sagte das Linken-Ausschussmitglied David Stoop aber: «Aus meiner Sicht wäre das ein angemessener Schritt.» Er halte die Erinnerungslücken von Tschentscher und Scholz für nicht glaubwürdig. Vor allem Scholz hatte immer wieder erklärt, er könne sich nicht an konkrete Dinge erinnern. Ganz sicher wisse er aber, dass es keine Einflussnahme gegeben habe, betonte er.

SPD und Grüne zeigten sich jedoch kritisch ob der Verbindungen des damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs und des früheren SPD-Innensenators Alfons Pawelczyk zur Warburg Bank. «Herr Pawelczyk und insbesondere Herr Kahrs müssen sich zurechnen lassen, dass durch ihr Auftreten der Vorwurf der Begünstigung öffentlich entstand und zu zwei bis heute nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren führte», sagte der SPD-Obmann Pein.

Kahrs und Pawelczyk hatten sich nach Erkenntnissen des Ausschusses für die Bank eingesetzt - unter anderem auch für Treffen von Olearius und Warburg mit Scholz. Gegen beide wird von der Staatsanwaltschaft Köln wegen Begünstigung im Zusammenhang mit «Cum-Ex»-Geschäften ermittelt. Stoop sagte dazu, der Hamburger SPD-Klüngel lebe und gedeihe. So hatte allein die SPD Hamburg-Mitte, deren Vorsitzender Kahrs war, 2017 von der Bank oder aus deren Umfeld Spenden in Höhe von 38 000 Euro erhalten. Pawelczyk wiederum sei für seine Beratertätigkeit für die Bank gut bezahlt worden.

Pein und Müller verwiesen am Montag noch einmal darauf, dass keiner der mehr als 50 vom Ausschuss dazu befragten Zeugen - darunter auch die, die in der Finanzverwaltung an der Entscheidung gegen die Rückforderung der erstatteten Steuern beteiligt waren - von einer Einflussnahme berichtet hätten. Zudem habe die Bank sämtliche Rückforderungen samt Zinsen zwischenzeitlich beglichen, so dass der Stadt kein Schaden entstanden sei. Dass diese Forderungen berechtigt waren, hatte vor Kurzem auch das Finanzgericht Hamburg bestätigt.

© dpa
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