Wenige Tage vor dem schweren Arbeitsunfall mit fünf Toten vor rund zwei Wochen in der Hamburger Hafencity haben die Behörden Mängel auf der Unglücksbaustelle festgestellt. Die letzte Kontrolle durch das Amt für Bauordnung und Hochbau erfolgte dort am 20. Oktober dieses Jahres und somit zehn Tage vor dem Einsturz eines Baugerüsts, wie aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage von CDU-Fraktionschef Dennis Thering hervorgeht. Eine Anfrage der Linksfraktion erbrachte, dass bei jeder der 23 seit Anfang 2022 durchgeführten Kontrollen Mängel im Arbeitsschutz zutage kamen, die zum Teil erst nach mehrfachen behördlichen Anordnungen abgestellt wurden.
Bei der letzten Kontrolle stellte das Bauamt demnach unter anderem folgende wesentlichen Mängel fest: In einigen Bereichen fehlten Absturzsicherungen, die persönliche Schutzausrüstung einiger Beschäftigter gegen Absturz war nicht geprüft und der Schutz vor herabfallenden Gegenständen war nicht überall gegeben.
Thering betonte, seine Anfrage zeige, dass dem Senat diese Mängel bekannt gewesen seien. «Die Sicherheit auf Hamburgs Baustellen muss höchste Priorität haben», forderte der Fraktionschef. «Vor diesem Hintergrund ist es für mich fraglich, wieso der Senat auf der Unglücksbaustelle nicht eingriff.»
Bei jeder der insgesamt 23 Kontrollen seien «ein bis sechs Verstöße» festgestellt worden, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Linken, Olga Fritzsche. «Folgen scheint das keine gehabt zu haben, die Baustelle wurde jedenfalls nicht wegen der laxen Sicherheitskultur stillgelegt.»
Ihr Fraktionskollege David Stoop verwies darauf, dass es in diesem Jahr in Hamburg mindestens 119 Arbeitsunfälle gegeben habe - «sieben davon mit tödlichem Ausgang». Gerade auf dem Bau Arbeitende seien besonderen Risiken ausgesetzt. «Mängel müssen hier konsequent geahndet werden», forderte er.
Auf der Großbaustelle in der Hafencity war am 30. Oktober ein Baugerüst aus dem achten Obergeschoss in einen Fahrstuhlschacht gestürzt. Vier Arbeiter kamen noch an der Unfallstelle ums Leben - ein fünfter Mann erlag seinen lebensgefährlichen Verletzungen später im Krankenhaus.
Die Leichen von fast allen Verunglückten sind unterdessen zur Beisetzung in ihre Heimat gebracht worden. Vier der fünf Männer seien mittlerweile nach Albanien überführt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag in Hamburg.