Schlechte Aussichten in Schleswig-Holsteins Wirtschaft: Die Stimmung in den Unternehmen bleibt angespannt. «Die Unzufriedenheit der Unternehmen mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist unvergleichlich hoch», sagte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein, Hagen Goldbeck, am Freitag. Der Konjunkturklimaindex der IHK legte im vierten Quartal jedoch von 81,7 auf 84,5 Punkte zu. Das langjährige Mittel auf der Skala von 0 bis 200 beträgt 108,1 Punkte.
An der Umfrage unter 4100 Unternehmen haben sich im vierten Quartal 986 Firmen beteiligt. Knapp 30 Prozent bewerteten ihre Situation als gut. Fast jedes vierte (23 Prozent) sprach hingegen von einer schlechten Lage. Vor allem die Geschäftserwartungen trübten die Aussicht: 42 Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine Verschlechterung ihrer Geschäfte. Der Anteil der Betriebe, der mit einer Verbesserung rechnet, liegt bei nur neun Prozent. «Alles in allem zeigt sich ein sehr hartnäckiger Pessimismus in der norddeutschen Wirtschaft», sagte Goldbeck.
«Fachkräftemangel, ein ungünstiges Zinsumfeld und der schwache Konsum erweisen sich weiterhin als herausfordernd für die Wirtschaft», sagte Goldbeck. Hinzu käme die viele Bürokratie wie beispielsweise das Lieferkettengesetz, das auch kleinere Unternehmen belaste, die nur Zulieferer für eigentlich betroffene größere Unternehmen seien. «Wir sind in einer Phase der Überregulierung, das nimmt von Tag zu Tag zu.»
«Die Geschäftslage ist noch okay, die Aussichten sind aber dramatisch schlecht», sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Björn Ipsen. Vor allem der Einzelhandel und das Verkehrsgewerbe seien betroffen. Dem Verkehrsgewerbe mache neben hohen Kraftstoffkosten die Mautausweitung zu schaffen. Der Einzelhandel habe sich seit der Corona-Pandemie kaum erholt. 53 Prozent der befragten Einzelhändler beurteilten die Konsumneigung als schlecht.
Investitionen fänden in den Betrieben kaum noch statt, sagte Goldbeck. Meist ginge es um Ersatzbeschaffungen. Ipsen betonte, in der Vergangenheit hätten Unternehmen von acht möglichen im Schnitt nur zweieinhalb Geschäftsrisiken benannt. In der aktuellen Befragung seien es 3,2 gewesen. 63 Prozent nannten den Fachkräftemangel, 62 Prozent sehen in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen einen Wettbewerbsnachteil.
«Wir brauchen: konkurrenzfähige Strompreise, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, Investitionen in Infrastruktur und eine umfassende Entbürokratisierung», forderte Goldbeck. «Es braucht einen Befreiungsschlag gegen die Bürokratie - und zwar schnell.» Notwendig seine eine Reform der Unternehmenssteuer. «Auch die Gewerbesteuer lässt sich durch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer ersetzen.»
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, es gebe durchaus Grund für verhaltenen Optimismus. «Auch wenn die Rahmenbedingungen europaweit nicht günstig sind.» Es sei aber ein Kipppunkt erreicht, weil die Inflation sich abgeschwächt habe und sich damit auch das Zinsniveau wieder beruhigen werde. Schleswig-Holstein sei klassisches Mittelstandsland und damit in solchen Konjunkturphasen deutlich widerstandsfähiger als andere Regionen. Er teile die Auffassung, dass Bürokratie abgebaut werden müsse. Eine entsprechende Bundesratsinitiative des Landes greife genau diesen Punkt auf. «Die Maxime muss dabei lautet: One in, two out. Wenn eine Vorschrift neu hinzukommt, müssen zwei andere wegfallen.»