Im Totschlagprozess um den gewaltsamen Tod einer bettlägerigen 82-Jährigen hat die Staatsanwältin vor dem Landgericht Wiesbaden eine dreijährige Haftstrafe für den Ehemann gefordert. Der 80-Jährige sei selber gesundheitlich angeschlagen und mit der Pflege seiner Frau zusehends überfordert gewesen, sagte sie am Montag. Der Angeklagte soll sein Opfer in der Nacht zum 1. Juni 2023 im häuslichen Wohnzimmer in Wiesbaden im Pflegebett erwürgt haben. Die Anklage lautet auf Totschlag, begangen im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit. Der Verteidiger plädierte am Montag auf eine Bewährungsstrafe, das Urteil soll am Freitag (22. März) gesprochen werden.
Der Deutsche hatte seine Ehefrau, die an Kinderlähmung erkrankt war, über einen langen Zeitraum größtenteils selbst gepflegt. Zuletzt hatte sie unter anderem an starkem Juckreiz gelitten. Auslöser der Tat sei vermutlich die Aussage der Frau gewesen, einen bereits vereinbarten Hautarzttermin nicht wahrnehmen zu wollen, sagte die Staatsanwältin. Diese Haltung habe den Angeklagten in der Belastungssituation dermaßen in Wut versetzt, dass er seine Frau getötet habe.
Es sei ein gesellschaftliches Problem, dass viele Familien mit der häuslichen Pflege ihrer Angehörigen überfordert seien, sagte die Staatsanwältin. Sie hielt dem Angeklagten zugute, dass er 80 Jahre lang ein tadelloses Leben geführt habe, reuig und im Grundsatz geständig gewesen sei. Nach der Tat habe er versucht, sich unter anderem mit Messerstichen das Leben zu nehmen. Er habe jedoch nur oberflächliche Verletzungen gehabt.
Die Staatsanwältin betonte, Erwürgen sei ein qualvoller Tod. Das Opfer sei arglos gewesen und habe keine Chance gehabt, sich zu wehren. In der Beziehung der Eheleute habe die Frau den dominanten Part gehabt. Nach den Worten des Verteidigers lag eine Affekttat wie aus dem Lehrbuch vor. In der häuslichen Pflege habe sein Mandant miterlebt, wie seine geliebte Frau ihm aus den Händen gleite. Hoffnung habe der Arzttermin gegeben, auf den er lange hingearbeitet habe, da seine übergewichtige Frau dazu von der Feuerwehr hätte transportiert werden müssen. Der Anwalt plädierte auf eine Verurteilung an der unteren möglichen gesetzlichen Grenze, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle.