Wie lange Torwart Markus Kolke nun schon durch die Strafräume dieser Republik hechtet, war am Sonntag in Hannover gut zu sehen. Da umarmte er freundschaftlich seinen ehemaligen Kollegen Marcus Mann, mit dem er vor über zehn Jahren beim SV Wehen Wiesbaden zusammenspielte. Mann ist nun schon in der dritten Saison Sportdirektor von Hannover 96 - und Kolke immer noch Zweitliga-Keeper des FC Hansa Rostock.
Im Abstiegskampf der 2. Fußball-Bundesliga ist die Erfahrung des 33-Jährigen gerade wieder besonders gefragt. In sechs seiner vergangenen acht Karrierejahre ging es um Auf- oder Abstieg und den damit verbundenen Druck. «Du musst immer mit dem Kopf oben bleiben», sagte Kolke am Sonntag. Das ist seine Lehre daraus. Man dürfe sich von einem späten 2:1-Sieg gegen Elversberg nicht blenden und von dieser 1:2-Niederlage in Hannover nicht aus der Bahn werfen lassen. Am Ende setzt sich im Kampf gegen den Abstieg häufig nicht die bessere oder die schlechtere, sondern die nervenstärkere Mannschaft durch.
«Wenn du dich jetzt 'runterziehen lässt, dann kannst du das Buch zumachen», sagte Kolke nach dem späten Gegentor in Hannover. «Die Liga ist brutal eng. Du musst die Fehler ganz klar ansprechen. Aber wenn du jetzt schon aufgibst und sagst: «Was ist das denn?» Dann wird das nichts!»
Hansas neuer Trainer Mersad Selimbegovic hatte den Abstiegskampf schon gleich nach seinem ersten Spiel mit einem Marathonlauf verglichen, den seine Mannschaft nun bis zum letzten Spieltag und möglicherweise darüber hinaus in zwei Relegationsspielen zu absolvieren habe. Noch ist die Ziellinie nach dem 20. von 34 Spieltagen nicht in Sicht. Aber wer mit welchem Vorsprung oder Rückstand auf die Zielgerade einbiegt, könnte sich bis Anfang März schon entscheiden.
Denn drei der nächsten fünf Hansa-Gegner sind die direkten Konkurrenten VfL Osnabrück, 1. FC Kaiserslautern und Eintracht Braunschweig. Und wie eng die Abstände zwischen dem ersten Abstiegsplatz (Braunschweig), dem Relegationsrang (Rostock) und dem rettenden Ufer (Kaiserslautern) sind, zeigt der bizarre Umstand, dass der FC Hansa die Eintracht trotz des 1:2 in Hannover in der Tabelle überholte. Beide haben die gleiche Punktzahl und die gleiche Tordifferenz. Am Ende gab den Ausschlag, dass die Rostocker bei ihrer Niederlage ein Tor mehr schossen als die Braunschweiger bei ihrem 0:1 gegen Schalke 04.
Was ihm nun Zuversicht mache, wurde Kolke gefragt. Und der Torwart antwortete selbstbewusst: «Alles!» Hansa schoss in Hannover schon nach drei Minuten ein Eigentor. «Aber wir kommen wieder gut zurück. Wir wissen, was wir können. Wenn wir den Kampf annehmen und diese Mentalität wieder zeigen, dann werden wir in Osnabrück gewinnen.» Kolke sagte: Werden gewinnen. Nicht: Können gewinnen.
Für den Tabellenletzten ist das Heimspiel gegen Hansa (Sonntag, 13.30 Uhr/Sky) beinahe schon die letzte Chance, um im Abstiegskampf noch einmal an Rostock, Braunschweig und Kaiserslautern heranzukommen. Die Osnabrücker haben sich erheblich gesteigert, seit der neue VfL-Trainer Uwe Koschinat das Team Ende November übernahm. Aber sie spielen zu häufig Unentschieden, um das in der Tabelle auch sichtbar zu machen.
«Wir wissen, dass wir auch mal Dreier brauchen. Insofern freue ich mich jetzt auf zwei richtig geile Spiele gegen Rostock und Elversberg», sagte VfL-Stürmer Erik Engelhardt. Auch mit ihm spielte Kolke schon einmal zwei Jahre beim FC Hansa zusammen.