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«Hass auf den Staat»: Lebenslange Haft wegen Mordversuchs

Der Mordanschlag auf Einsatzkräfte in Ratingen bei Düsseldorf geschah aus Hass auf den Staat. Das hat das Düsseldorfer Landgericht bei der Urteilsverkündung festgestellt. Es verhängte die Höchststrafe.
Prozess um Explosion in Ratingen
Der Angeklagte (r) kommt neben seinem Anwalt in den Gerichtssaal. © Oliver Berg/dpa Pool/dpa/Archivbild

Sie wollten helfen und wurden angegriffen: Für die Explosion in einem Hochhaus in Ratingen bei Düsseldorf, bei der neun Einsatzkräfte verletzt wurden, ist ein 57-Jähriger zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Düsseldorfer Landgericht sprach den Deutschen am Mittwoch wegen versuchten Mordes in fünf Fällen schuldig und stellte die besondere Schwere seiner Schuld fest. Als Motiv nannte das Gericht Hass auf den Staat.

«Der Angeklagte wollte Polizisten töten, weil sie den von ihm gehassten Staat repräsentieren», sagte der Vorsitzende Richter. Noch nach der Tat habe er den Spezialkräften der Polizei den Mittelfinger gezeigt «und damit zum Ausdruck gebracht, was er vom Staat und seinen Institutionen hält». Damit habe er zugleich seine grob menschenverachtende Einstellung offenbart. «Die Tat war perfide wie sinnlos.»

Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst waren am 11. Mai zur Wohnung des Mannes im zehnten Stock eines Hochhauses gekommen, um einer hilflosen Person zu helfen, die in der Wohnung vermutet wurde. «Ohne ihren Einsatz würde unser Staat nicht funktionieren», sagte der Richter.

Doch in der Wohnung lauerte der 57-Jährige hinter einer Barrikade aus Wasserkästen, schüttete mehrere Liter Benzin auf die Einsatzkräfte und zündete das Gas-Luft-Gemisch mit einem brennenden Textil. Es kam zu einer Explosion mit einer Hitze von mehreren 100 Grad. Ein Feuerball traf die Einsatzkräfte und setzte ihre Kleidung in Brand.

Acht der neun Verletzten werden bleibende Schäden behalten. Die meisten von ihnen waren am Mittwoch zur Urteilsverkündung gekommen. Die meisten werden wohl nicht in ihren Beruf zurückkehren können und unter den Folgen ihr Leben lang leiden, hatte eine Nebenklagevertreterin gesagt.

Der Angeklagte, Frank P., hatte während des gesamten Prozesses kein Wort gesagt. Das Urteil nahm er regungslos auf. Die Feststellung der besondere Schwere der Schuld lässt eine Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar zu, in der Praxis ist dies aber so gut wie ausgeschlossen. «Es wäre nicht vertretbar, ihn nach 15 Jahren in die Freiheit zu entlassen», sagte Richter Rainer Drees.

Ein Psychiater hatte berichtet, dass der Mann während der Corona-Pandemie einen Hang zu Verschwörungstheorien entwickelt habe. Die Covid-Impfung habe er als «Impfstoff des Teufels» und staatliche Institutionen wie das Arbeitsamt als «Werkzeuge des Teufels» bezeichnet. Zudem habe er behauptet, die Medikamente seiner Mutter seien vergiftet.

Der Mann lebte wochenlang mit der Leiche seiner Mutter in der Wohnung. Den Einsatzkräften war starker Verwesungsgeruch entgegen geströmt. Weil die Bewohner der Wohnung wochenlang nicht gesehen wurden und ihr Briefkasten überquoll, hatte die Hausverwaltung die Polizei informiert.

Verteidiger Frank Schubert hatte zuvor eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung gefordert. Sein Mandant sei erst zur Tat geschritten, als eine Waffe auf ihn gerichtet worden sei. Außerdem habe er nicht damit rechnen können, dass der Feuerball auch aus der Wohnung heraus um die Ecke läuft und dort weitere Menschen verletzt.

Sein Mandant habe die Förderschule besucht und einen Hauptschulabschluss nach der neunten Klasse erworben, bevor er als Maler und Lackierer gearbeitet habe. Während der Corona-Pandemie habe er sich in die Isolation begeben, eingeigelt und Vorräte angelegt. «Er hat sich von der Gesellschaft abgegrenzt und abgeschottet», sagte er.

Mit seinem Nachbarn habe er sich über Jahrzehnte gut verstanden, doch im Jahr 2022 sei etwas passiert, es habe plötzlich Stress gegeben. Weil er auf seinen Nachbarn eingeprügelt hatte, war ein Strafbefehl gegen Frank P. verhängt worden. Auch sein Fahrverhalten sei nicht mehr nachvollziehbar gewesen, er sei neun Mal an einem Tag an der immer selben Stelle in eine Radarfalle gefahren, berichtete der Verteidiger.

Am 11. Mai hatten sich in der Hochhaussiedlung grausame Szenen abgespielt: Mehrere Rettungskräfte waren brennend zehn Stockwerke durch das Treppenhaus nach unten gerannt, um sich in Sicherheit zu bringen. Sie hätten sich nichts vorzuwerfen, sondern hätten sich vorbildlich verhalten und gegenseitig geholfen, betonte der Richter. Der vorbildlich koordinierten Rettungsaktion sei es zu verdanken, dass alle noch leben.

Acht Rettungshubschrauber waren im Anflug und 650 Kräfte im Großeinsatz, brachten die Verletzten in Spezialkliniken. Eine 25 Jahre alte Polizistin erlitt die schwersten Verbrennungen von mehr als 60 Prozent ihrer Haut. Sie lag zwei Monate im Koma und insgesamt fünf Monate im Krankenhaus. Sie habe elf Operationen hinter sich und noch mehrere vor sich, hatte die schwer gezeichnete Frau berichtet.

Ein Nebenklagevertreter sagte, das Urteil sei eine Genugtuung für die Opfer. Es werde dem Sachverhalt gerecht. Seine Mandantin, eine Notfallsanitäterin, werde den Menschen weiterhin helfen.

© dpa ⁄ Frank Christiansen, dpa
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