Das neue Liebespaar harmoniert erstaunlich gut: Henriette (Corinna Harfouch) hat nach dem Tode ihres Mannes einen neuen Freund, den deutlich jüngeren Philipp (Louis Nitsche). Sie stellt ihn an einem sonnigen Herbstwochenende, in ihrem idyllisch gelegenen Designer-Haus am Bodensee, ihrer Tochter Johanna (Karin Hanczewski) vor. Johanna ist nicht nur überrascht, sondern auch misstrauisch und glaubt dem attraktiven jungen Mann kein einziges Wort - zumal bereits von Heirat die Rede ist. Der Film «Der neue Freund» läuft an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr im Ersten.
Johanna beauftragt sogar einen Privatdetektiv mit Ermittlungen über das Vorleben von Philipp. Dabei kommen allerlei Dinge heraus, die Henriette erstmal nicht glauben will - die sich aber allesamt als wahr herausstellen, als Mutter und Tochter den vermeintlichen Heiratsschwindler damit konfrontieren.
Regisseur Dustin Loose (36, «ZERV - Zeit der Abrechnung») bietet in seinem gelungenen Film viele geschliffene Dialoge, mit denen er eine aufwühlende Geschichte rund um drei Personen erzählt, die sich gegenseitig nichts schenken. Das Hauptthema des Films ist Vertrauen, vor allem das nicht vorhandene. Darüber hinaus geht es um Missgunst und vermeintliche Verantwortungslosigkeit - und um die Frage, ob ein neuer Partner unbedingt alles über das Vorleben des anderen wissen muss.
Alle drei Schauspieler agieren recht glaubhaft, spielen sehr differenziert und verleihen ihren gut gezeichneten Figuren die nötigen Gefühlsschwankungen - um das jeweilige Alter oder um wahre Liebe geht es dabei fast überhaupt nicht. Nebenbei wird reichlich Alkohol konsumiert und auch kräftig herumgebrüllt in einem kalt wirkenden Haus, das so aussieht, als käme es aus einem 3D-Drucker - es steht allerdings in idyllischer Lage bei Konstanz.
Corinna Harfouch (69, «Das Mädchen mit den goldenen Händen», «Was man von hier aus sehen kann») ist seit kurzem als neue «Tatort»-Heldin aus Berlin zu sehen und gibt hier eine ältere Frau, die sich noch einmal nach etwas Glück sehnt. Louis Nitsche (30, «Du Sie Er & Wir», «Für Jojo») und Karin Hanczewski (41, «Tatort», «Auf dem Grund») übernehmen in der zweiten Hälfte des Films den Hauptpart, bei dem sie sich am Kaminfeuer mit reichlich Whisky gegenseitig offenbaren und laut überlegen, wie es nun weitergehen könnte.
Wobei das wohl eher sarkastisch gemeint sein dürfte in diesem eindrücklichen Kammerspiel, das eine beachtliche Maskerade rund um echte und falsche Wahrheiten darstellt - bis hin zum etwas zu dramatischen Ende, bei dem zwar viel, aber doch nicht alles in Schutt und Asche gelegt wird.