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Gewalt in der Kita vor Gericht - Streit um Deutung

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Vor dem Landgericht Würzburg berichtet eine Erzieherin von angeblich gewaltsamen Übergriffen einer früheren Kollegin auf Kleinkinder. Die Beschuldigte sieht das anders.
Prozess in Würzburg
Eine der beiden Angeklagten (l) unterhält sich mit ihrem Rechtsanwalt im Sitzungssaal im Landgericht. © Heiko Becker/dpa

Brutal anpacken, zwangsfüttern, einsperren in dunkle Räume: Kindergärten sollen eigentlich sichere Orte sein, in denen sich Mädchen und Jungen wohlfühlen. Und doch gibt es immer mal wieder Meldungen von pädagogischem Fehlverhalten und Gewalt - in einem Fall eines Kinderhauses unweit von Würzburg sollen die mutmaßlichen Übergriffe derart massiv gewesen sein, dass sich seit Montag nun das Landgericht Würzburg damit befasst.

Es geht um Nötigung, Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Misshandlung von ein- bis zweijährigen Kindern - aber auch um Überforderung und Personalmangel. 

Seit dem Jahr 2000 steht im Bürgerlichen Gesetzbuch, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Nach Angaben des bayerischen Familienministeriums haben alle Kitas im Freistaat ein Gewaltschutzkonzept. Darin steht etwa, wie Gewalt verhindert oder Fälle aufgearbeitet werden können. 

Dabei geht es längst nicht nur um körperliche Misshandlungen wie Prügel oder Ohrfeigen. Auch um psychische Gewalt – wenn Kinder niedergebrüllt, sozial isoliert oder erniedrigt werden. Gerade bei den ganz Kleinen, die noch nicht richtig sprechen können, ist es allerdings ohne typische Anzeichen wie blaue Flecke schwierig, Betreuerinnen und Betreuer zu überführen.

Vorgesetzte spricht von Schreien, Gewalt und Zwangsfütterung

Vor dem Landgericht Würzburg sind zwei Erzieherinnen angeklagt. Die Schilderungen der früheren Leiterin einer Kleinkindgruppe des betroffenen Kinderhauses lassen die Zuhörer fassungslos zurück. «Die Kinder haben dann geweint, auf jeden Fall vor Schmerzen», erzählt die 37-Jährige der 1. Großen Strafkammer von den mutmaßlichen Übergriffen der ihr unterstellten Kollegin. Wenn etwa eine Kleine nicht mehr essen wollte, habe die 30-Jährige ihr «den Löffel mit dem Essen reingestopft, (...), so dass sie gewürgt hat und dann auch erbrochen.» Das Erbrochene habe das Mädchen dann selbst wegwischen müssen.

Die wegen Unterlassens angeklagte 37-Jährige spricht von Zerren, grob Anpacken, Anschreien und Misshandlungen bis hin zu Hämatomen. Einen Jungen habe die 30-Jährige zur Strafe von einem Hochbett auf den Boden gezerrt, andere in einen dunklen Raum gesperrt. Vor Gericht versucht die 37-Jährige zu erklären, warum sie nicht einschritt: «Ich hatte Angst, dass mir keiner glaubt.»

Hauptangeklagte bestreitet absichtliches Quälen 

Die 30-Jährige hingegen bestreitet, Kindern absichtlich wehgetan oder sie gar gequält zu haben. Die mittlerweile arbeitslose Erzieherin spricht von Überforderung, Personalmangel und einer teils kurzen Zündschnur. «Teilweise war ich oft auch alleine», sagt die Angeklagte mit Verweis auf bis zu zwölf unter Dreijährige, für die sie in der Gemeinde-Kita zeitweilig verantwortlich gewesen sei. 

«Sie hat nie ein Kind zu Boden geknallt», beteuert ihr Anwalt. Auch Zwangsfütterungen habe es durch sie nicht gegeben. «Es war ein normaler Fütterungsvorgang. Das Kind wollte nicht», sagt der Verteidiger. Nachdem das Mädchen erbrochen habe, habe seine Mandantin das Füttern beendet.

Der Jurist räumt aber ein: In manchen Situationen Ende 2021, Anfang 2022 habe sich die 30-Jährige unangemessen und inakzeptabel verhalten. Wenn sie ein Kind mal unter den Armen gepackt und auf den Po gesetzt habe, könnte es auf objektive Betrachter unsanft gewirkt haben, sagt der Anwalt.  

Die Staatsanwaltschaft wirft der 30-Jährigen vorsätzliche Körperverletzung in acht Fällen, Nötigung, Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen vor. Es geht um mindestens vier Opfer - ein Mädchen und drei Jungen - im Alter zwischen 18 Monaten und 2 Jahren.

Die frühere Leiterin der Kindergartengruppe soll die mutmaßlichen Übergriffe ihrer jüngeren Kollegin mitbekommen, aber sie erst rund ein Jahr später gemeldet haben. Sie steht wegen Unterlassens vor Gericht.

Rache, Eifersucht? Schwierige Motivsuche 

Die Staatsanwaltschaft vermutet private Probleme zwischen den beiden Erzieherinnen als Tatmotiv. So sollen beide Frauen unter anderem für eine weitere geschwärmt haben. Wörter wie Rache und Eifersucht fallen zu Prozessbeginn.

© dpa ⁄ Angelika Resenhoeft, dpa
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