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Debatte zu Schuldenbremse: «Mutti nicht mehr im Kanzleramt»

Der Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen knackt 2024 erstmals die 100-Milliarden-Euro-Marke. Trotzdem muss gespart werden. Die Schuldenbremse soll nicht wanken.
Plenarsitzung Landtag Nordrhein-Westfalen
Der nordrhein-westfälische Landtag debattiert im Plenum. © Federico Gambarini/dpa

Die Etatkrise der Bundesregierung wirft ihre Schatten auch nach Nordrhein-Westfalen. Landesfinanzminister Marcus Optendrenk (CDU) versprach am Mittwoch im Landtag eine verfassungskonforme Haushaltspolitik für das bevölkerungsreichste Bundesland. Die Schuldenbremse soll 2024 wieder eingehalten werden, nachdem das Verbot der Nettoneuverschuldung auch in NRW mehrmals wegen der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine ausgesetzt worden war.

Zum 31. Dezember dieses Jahres sei Schluss mit dem kreditfinanzierten Sondervermögen in Höhe von fünf Milliarden Euro zur Bewältigung der Folgen des Ukraine-Kriegs, sagte Optendrenk. Die FDP-Opposition bezweifelte das. Optendrenk müsse klar sagen, dass die Landesregierung 2024 die Schuldenbremse weder aufweichen noch aussetzen werde, sagte der FDP-Finanzpolitiker Ralf Witzel. «Jetzt kommt der Lackmustest Ihrer Glaubwürdigkeit.»

Schuldenbremse - Ja oder Nein?

Zumindest die Grünen als Koalitionspartner der CDU in NRW sehen die Schuldenbremse nicht mehr als heilige Kuh. Der Grünen-Abgeordnete Simon Rock forderte wie zuvor seine Parteikollegin, die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur, «ein Update auf Bundesebene». Das bedeutet: Die Grünen wollen eine Reform der Schuldenbremse, die bisher vorschreibt, dass Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. «Sinnvolle Investitionen in unserer Zukunft und die unserer Kinder müssen möglich gemacht werden», sagte Rock. Die Schuldenbremse dürfe «nicht zur Zukunftsbremse und auch nicht zur Wohlstandsbremse werden». Solange sie gelte, würden die Grünen sie aber «selbstverständlich eins zu eins einhalten».

Besonders FDP und CDU, die einstigen Regierungspartner in NRW, beharkten sich im Plenum. Immer ging es auch um die Haushaltspolitik der Ampel in Berlin, wo die FDP mitregiert. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den Bundeshaushalt forderte Optendrenk von der FDP, mit «Selbsterkenntnis und Demut» zu sagen: «Das war Mist im Bund.» Die Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) vom Dienstag war laut Optendrenk «ein trauriger Auftritt eines Bundeskanzlers, der nicht weiß, wie es weitergeht». Das sei «das Ergebnis einer Bundesregierung, die zerstritten ist und nicht bereit ist, die Herausforderungen in Deutschland anzunehmen».

Einstige Koalitionspartner im Clinch

Witzel wiederum sagte, auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe sich bislang nicht als Problemlöser erwiesen, wenn er so gerne nach Bundeshilfen rufe. «Dabei sitzt Mutti doch gar nicht mehr im Kanzleramt», sagte er und spielte damit auf die frühere CDU-Kanzlerin Angela Merkel an.

Der CDU-Abgeordnete Olaf Lehne warf der Landtagsopposition vor, die «Fehlleistungen der Ampel auf die Landesregierung projizieren zu wollen». Dabei habe die Ampel in Berlin vom Bundesverfassungsgericht «eine beispiellose Klatsche bekommen». Das Karlsruher Gericht hatte eine Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt von 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Der Bund darf zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder damit nicht für den Klimaschutz nutzen.

Zwar habe das Karlsruher Urteil keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Haushalt in NRW, sagte Landesminister Optendrenk. Allerdings könne es zu «mittelbaren Folgen» kommen, weil die Frage jetzt sei, wo der Bund seine Kofinanzierungen kürze. Optendrenk bekannte sich zugleich in eher allgemeinen Worten zur Schuldenbremse. Der Politik in Deutschland falle seit vielen Jahrzehnten immer nur ein, neue Schulden zu machen. Es müssten nun Rahmenbedingungen geschaffen werden, «die in jeder Dimension nachhaltig sind», sagte er. «Und dazu gehört auch, wenn wir in Kinderaugen gucken, dass wir ihnen sagen, auch ihr habt noch Gestaltungsspielräume».

Die oppositionelle SPD warf der Landesregierung vor, sich hinter der Schuldenbremse zu verstecken. Dabei könnte das Land in den Grenzen der Schuldenbremse «eine konjunkturelle Verschuldungsmöglichkeit von mindestens 800 Millionen Euro» nutzen, sagte der SPD-Finanzpolitiker Alexander Baer. Dies hatte auch das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer Stellungnahme zum Haushaltsentwurf empfohlen.

Wenig Spielräume für das Land

Die Regierung aus CDU und Grünen plant im kommenden Jahr einen Rekordhaushalt, der erstmals 100 Milliarden Euro überschreitet. Geplant sind Gesamtausgaben des Landes in Höhe von 102 Milliarden Euro. Davon sind allein für den Schwerpunkt Bildung mehr als 38 Milliarden Euro vorgesehen.

Nach Ansicht der Liberalen ist der Haushalt strukturell unterfinanziert und weist in Wirklichkeit ein milliardenschweres strukturelles Defizit auf, das die Landesregierung zu vertuschen versuche. Mit mehr als 300 Millionen Euro bediene sich Schwarz-Grün am Pensionsfonds, nehme den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) mit 150 Millionen Euro aus «wie eine Weihnachtsgans» und plane bei der NRW.Bank «einen Banküberfall», um dort 250 Millionen Euro zu erbeuten.

Trotz der geplanten Rekordausgaben muss das Land im kommenden Jahr an vielen Stellen sparen, wie CDU und Grüne deutlich machten. Gründe sind die lahmende Konjunktur, steigende Zinsen und die geringer als geplant ausfallenden Steuereinnahmen. Auf der anderen Seite besteht zusätzlicher Finanzbedarf etwa bei den Kitas wegen gestiegener Personalkosten und der Unterbringung von Flüchtlingen. Zudem steigen die Zinsausgaben des Landes 2024 um 1 Milliarde auf 3,8 Milliarden Euro.

Die AfD sprach angesichts der Rekordausgaben von einer «Demütigung der Steuerzahler». Denn der Löwenanteil des Haushalts seien Steuereinnahmen, sagte der AfD-Abgeordnete Hartmut Beucker. Die abschließende dritte Lesung des Haushaltsgesetzes ist Mitte Dezember geplant.

© dpa ⁄ Dorothea Hülsmeier, dpa
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