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Rechnungshof empfiehlt Kommunen Tritt auf Ausgabenbremse

Dank sprudelnder Steuereinnahmen haben die rheinland-pfälzischen Kommunen 2022 trotz gestiegener Ausgaben erneut einen Überschuss erzielt. Doch so dürfte es nicht weitergehen. Und die Städte, Gemeinden und Kreise belegen immer noch einen unschönen Spitzenplatz.
Geldscheine
Zahlreiche Banknoten von 10, 20 und 50 Euro liegen sortiert auf einem Tisch. © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Die Kommunen in Rheinland-Pfalz haben auch nach Jahren hoher Steuereinnahmen noch die höchste Verschuldung unter den deutschen Flächenländern. Entsprechend mahnt der Landesrechnungshof in seinem am Dienstag vorgestellten Kommunalbericht zu einem «kräftigen Tritt auf die Ausgabenbremse». Er sieht an der einen oder anderen Stelle durchaus Potenziel, Ausgaben zu reduzieren oder Einnahmen zu erhöhen.

Rechnungshof-Präsident Jörg Berres sagte: «Es sind nicht alle Probleme nur in Mainz zu suchen.» Es komme auch auf das Wirtschaften vor Ort an - «alle haben die gleichen Gesetze umzusetzen». Einige Botschaften an die Landesregierung hatte die Behörde dennoch mit im Gepäck. Die Opposition nutzte die Vorlage des Berichts für Kritik.

Die kommunalen Schulden beliefen sich im vergangenen Jahr dem Bericht zufolge auf umgerechnet 2886 Euro je Einwohner (Vorjahr: 2904 Euro). Der Wert war fast doppelt so hoch wie der kommunale Durchschnitt aller Flächenländer - das bedeutete bei der Pro-Kopf-Verschuldung nach wie vor den unrühmlichen Spitzenplatz.

Anders als in den beiden Vorjahren nahm laut Rechnungshof die Gesamtverschuldung der kommunalen Kernhaushalte in Rheinland-Pfalz 2022 wieder zu, um 0,6 Prozent auf rund 12,0 Milliarden Euro. Die Ausgaben der Kommunen kletterten unter anderem wegen steigender Personal- und Sozialausgaben stärker als die Einnahmen.

Die Gesamteinnahmen der Kommunen - also Steuern, Gebühren, Gewinne und Zuweisungen vom Land - stiegen dem Bericht zufolge 2022 um 5,4 Prozent auf 19,1 Milliarden Euro. Der Pro-Kopf-Wert habe hier mit 1616 Euro erstmals den kommunalen Durchschnitt der Flächenländer übertroffen. Die kommunalen Ausgaben stiegen allerdings stärker als die Einnahmen, und zwar um 5,8 Prozent auf 18,1 Milliarden Euro.

Den Kommunen gelang es in der Gesamtheit dennoch, das sechste Jahr in Folge einen positiven Saldo zu erzielen. Dem Rechnungshof zufolge lag der Gesamtüberschuss 2022 bei 939 Millionen Euro nach 956 Millionen im Jahr davor. Allerdings zeige sich ein enormes Gefälle unter den Kommunen. 94 Prozent des Überschusses entfielen auf Mainz und Idar-Oberstein mit dem Sitz und einem Standort des Impfstoffherstellers Biontech. Die übrigen mehr als 2400 Gebietskörperschaften hätten nur 57 Millionen beigetragen, mehr als ein Drittel der Kommunen - 888 - verfehlten den Kassenausgleich.

2022 hätten sehr hohe Steuereinnahmen die stark gewachsenen Ausgaben noch einmal übertroffen, befand der Rechnungshof. Für dieses und das kommende Jahr sei aber davon auszugehen, dass wieder deutlich weniger Geld zu verteilen sein werde. Die Konjunkturaussichten trübten sich ein. Neben den erwartet niedrigeren Steuereinnahmen belasteten künftig auch hohe Tarifabschlüsse, die allgemeine Preisentwicklung sowie wachsende Sozialausgaben die kommunalen Haushalte stark.

Wenn das Land ab 2024 Liquiditätskredite der Kommunen im Umfang von drei Milliarden Euro übernehme, werde sich das spürbar auswirken. Nach Angaben von Rechnungshof-Präsident Berres dürften die rheinland-pfälzischen Kommunen dann den Spitzenplatz bei der Pro-Kopf-Verschuldung abgeben und Rang vier einnehmen. Gleichwohl blieben erhebliche Anstrengungen der Kommunen zum Abbau von Verbindlichkeiten unverzichtbar.

«Das Gebot des Haushaltsausgleichs gilt nicht nur in Zeiten des Steuerbooms», mahnte Berres und äußerte sich kritisch zu Aussagen aus der Landesregierung. Innenminister Michael Ebling (SPD) hatte angekündigt, defizitären Kommunen unter bestimmten Umständen mehr Zeit für den Ausgleich ihrer Haushalte zu geben, etwa indem von der Kommunalaufsicht eine mehrjährige Betrachtung der Entwicklung in Erwägung gezogen werden kann. «Damit werden die Funktion des gesetzlichen Haushaltsausgleichsgebots als kommunale Schuldenbremse erneut infrage gestellt und die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes missachtet», sagte Berres. Der Rechnungshof empfiehlt dem Land stattdessen, über Härtefallhilfen für gewisse Kommunen nachzudenken.

In Sachen kommunaler Finanzausgleich sagte Berres in Richtung der Landesregierung, der für das Volumen des Umlagesystems zentrale und für 2023 und 2024 festgelegte sogenannte Mindestbedarf der Kommunen sei vor dem Hintergrund steigender Preise und Ausgaben etwa für die Unterbringung geflüchteter Menschen zu niedrig angesetzt, er müsse zeitnah an die aktuelle Entwicklung angepasst werden.

Die AfD-Abgeordnete Iris Nieland warf der Regierung vor, kein Konzept zu haben, «um den finanziellen Flächenbrand auf kommunaler Ebene zu löschen». Selbst nach der Teilentschuldung von Städten, Kreisen und Gemeinden bleibe die Pro-Kopf-Verschuldung weit über dem Bundesdurchschnitt. Der Vorsitzende der Fraktion der Freien Wähler, Joachim Streit, sprach von einem «chronisch unterfinanzierten kommunalen Finanzausgleich». Der Kommunalbericht stelle der Landesregierung kein gutes Zeugnis aus. Auch der CDU-Abgeordnete Christof Reichert hält Änderungen an der kommunalen Finanzpolitik des Landes für nötig. «Wir brauchen mehr Landesgeld im System, das sich an einer ehrlichen und transparenten Aufgabenanalyse orientiert.»

Nach Meinung des Rechnungshofs schöpft so manche Kommune nicht komplett seine Einnahmepotenziale aus. Etwa bei den Hebesätzen für die zwei Grundsteuerarten oder die Gewerbesteuer sei Rheinland-Pfalz definitiv noch kein Hochsteuerland, sagte Berres. Auch forderten einige Kommunen teils keine Gebühren für Verwaltungsleistungen, die sie auf Antrag anderer erledigten. Kommunen ließen sich zudem Verwaltungskosten, die sie für Eigenbetriebe oder Dritte erledigten, teils nicht ausreichend erstatten.

Einsparpotenzial sieht der Rechnungshof bei Sozialausgaben. Die Zahl der Empfänger von Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen etwa liege seit Jahren unter dem Schnitt der Flächenländer, während die Ausgaben vergleichsweise hoch seien - Rheinland-Pfalz habe die höchsten Fallkosten. Hauptursache dürften dem Rechnungshof zufolge höhere Vergütungen für die Träger von Einrichtungen und Diensten der Wohlfahrtspflege sein, etwa Werkstätten für behinderte Menschen.

Die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern (IHK) im Land teilte mit, Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuern sollten nur das letzte Mittel sein, um einen Haushaltsausgleich herbeizuführen. Andere Maßnahmen gingen weniger zu Lasten der Standortbedingungen.

Der Rechnungshof regte darüber hinaus die Bündelung kommunaler Aufgaben an und auch, über eine weitere Gebietsreform im kommunal extrem kleinteiligen Rheinland-Pfalz nachzudenken. «Eine konsequente Kommunal- und Verwaltungsreform, die auch Landkreise und kreisfreie Städte nicht ausblendet, würde die finanziellen Vorteile größerer Verwaltungseinheiten erschließen», hieß es.

© dpa ⁄ Christian Schultz, dpa
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