Die Bertelsmann Stiftung hält deutlich mehr Personal in den Kitas in Sachsen-Anhalt für notwendig. In Krippengruppen in Sachsen-Anhalt sei eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft für 5,5 ganztagsbetreute Kinder verantwortlich, die Stiftung empfehle ein Verhältnis von 1:3, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung zur frühkindlichen Bildung.
In den Kindergartengruppen sei der Personalschlüssel mit 1:10,3 ebenfalls deutlich ungünstiger als der empfohlene Wert von 1:7,5. Es würden 97 Prozent der unter Dreijährigen und 89 Prozent der ab Dreijährigen in Gruppen mit nicht kindgerechten Personalschlüsseln betreut, heißt es.
Können Kitas ihren Bildungsauftrag erfüllen?
«Wenn eine Fachkraft für mehr Kinder verantwortlich ist als wissenschaftlich empfohlen, leidet darunter die Qualität der pädagogischen Praxis. Es ist davon auszugehen, dass die Kitas in Sachsen-Anhalt aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können», erklärte Kathrin Bock-Famulla, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.
Zurückgehende Kinderzahlen in Sachsen-Anhalt bieten laut der Stiftung die Chance, bis zum Jahr 2030 den wissenschaftlich empfohlenen Personalschlüssel zu erreichen und auch so viele Kita-Plätze anzubieten, wie die Eltern benötigten. Es seien dazu aber erhebliche Anstrengungen nötig. Die Mitarbeiterinnen müssen trotz sinkender Kinderzahlen weiterbeschäftigt werden, die Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen eingestellt sowie zusätzlich rund 2700 Fachkräfte gewonnen werden.
Vorschläge: Fachkräfte entlasten, Öffnungszeiten verkürzen
Pädagogische Fachkräfte sollten demnach von nicht-pädagogischen Aufgaben entlastet werden, etwa durch Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräfte. Auch auf Quereinsteiger solle weiterhin gesetzt werden. Als weitere mögliche Maßnahme nannte die Bertelsmann Stiftung eine Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten auf sieben Stunden täglich. «Nach Berechnungen des Fachkräfte-Radars könnten damit in Sachsen- Anhalt bis 2025 die Platzbedarfe aller Eltern erfüllt werden und die Personalschlüssel das bessere West-Niveau erreichen», hieß es. «Zudem wünscht sich ein Teil der Eltern in dem Bundesland laut der Kinderbetreuungsstudie 2022 des Deutschen Jugendinstitutes kürzere Betreuungszeiten, als vertraglich vereinbart sind.»
Bock-Famulla gab aber zu bedenken: «Ein solches Vorgehen kann aber nur in Abstimmung zwischen Eltern, Träger und Kommune getroffen werden.» Darüber hinaus müssten Arbeitgeber die Arbeitszeiten von Eltern stärker an die Öffnungszeiten von Kitas anpassen.