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Lehrkräftemangel: Schulen setzen auf Seiteneinsteiger

An den Schulen fehlen immer mehr Lehrkräfte. In NRW ist das für Schulleitungen einer Umfrage zufolge ein besonders großes Problem. Auch der Seiteneinstieg ist nicht das Allheilmittel.
Lehrer
Ein Lehrer unterrichtet in einem Klassenzimmer. © Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Schulen in Deutschland und vor allem in Nordrhein-Westfalen setzen im Kampf gegen den Lehrkräftemangel immer stärker auf Seiteneinsteiger. Zwei von drei Schulleitungen (66 Prozent) bundesweit beschäftigen einer Umfrage zufolge an ihren Schulen inzwischen Lehrkräfte, die keine Lehramtsqualifikation erworben haben. Der Anteil ist in den vergangenen fünf Jahren rasant gestiegen, wie aus einer repräsentativen Forsa-Befragung von bundesweit gut 1300 Schulleitungen hervorgeht - darunter 257 aus Nordrhein-Westfalen. In NRW beschäftigen demnach inzwischen sogar drei Viertel der Schulen Seiteneinsteiger. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) stellte die Ergebnisse der Umfrage am Freitag beim Schulleitungskongress in Düsseldorf vor.

Der Lehrkräftemangel wird von 62 Prozent der Schulleitungen in Deutschland weiterhin als das größte Problem angesehen. Das waren bundesweit etwas weniger als im Vorjahr. In NRW nannten allerdings noch 69 Prozent der Schulleitungen den Personalmangel als ihr drängendstes Problem. Das ist der bisher höchste Wert für das bevölkerungsreichste Bundesland. «Der Lehrkräftemangel bremst die Arbeit an den Schulen aus», sagte die VBE-Landesvorsitzende Anne Deimel.

91 Prozent der Schulleitungen in NRW gaben den Lehrkräftemangel als starken Belastungsfaktor an. Vertretungspläne gehörten an vielen Schulen zur morgendlichen Routine, erklärte Deimel. Notwendige Fördergruppen können nicht stattfinden. Es fehle ausreichend Zeit für die Schülerinnen und Schüler. 38 Prozent der NRW-Schulleitungen - mehr als im Vorjahr - berichteten zudem von Problemen mit Schulgebäuden und Räumen. Jede dritte Leitung nannte Inklusion und Integration als größte Schwierigkeit.

Lehrkräfte-Lücken an allen Schulformen

Von unbesetzten Stellen sind Schulen in NRW stärker betroffen als im Bundesdurchschnitt. Gaben bundesweit die Hälfte der Schulleiter und -leiterinnen an, dass mindestens eine Lehrerstelle zum Beginn des laufenden Schuljahres nicht besetzt gewesen war, waren es in NRW 62 Prozent. Bei jeder fünften Schule in NRW waren sogar drei oder mehr Stellen vakant. An den knapp 5000 öffentlichen Schulen in NRW fehlte nach Angaben des Schulministeriums mit Stand Anfang Juni Personal im Umfang von mehr als 6700 Lehrerstellen.

An den Schulen, bei denen bereits Lehrkräfte fehlten, verschlimmere sich die Situation sogar noch, teilte der stellvertretende VBE-Bundesvorsitzende, Tomi Neckov, mit. Etwa jede fünfte Schulleitung (22 Prozent) bundesweit sagte demnach, dass an ihrer Schule inzwischen mehr als 15 Prozent der Lehrkräfte fehlten. 2021 hatte diesen großen Lehrermangel noch etwa jede sechste Schulleitung (16 Prozent) beklagt.

Für den VBE liegt die Erklärung auf der Hand: «Es gibt Schulen in bestimmten Vierteln oder Regionen, die beliebter sind als andere und vielleicht auch weniger Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen», sagte Neckov in einer schriftlichen Erklärung. Und es gebe Schulen, die starke Probleme hätten, Lehrkräfte zu finden. «Dort, wo es die größten Herausforderungen gibt, fehlen die meisten Lehrkräfte.»

Für NRW hatte Schulministerin Dorothee Feller Ende 2022 ein Handlungskonzept gegen Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall vorgestellt. Es sieht unter anderem die Möglichkeit von zeitlich befristeten Abordnungen von Lehrkräften an unterversorgte Schulen vor. Bis Anfang Oktober hatten die Bezirksregierungen in diesem Schuljahr bereits mehr als 8100 Abordnungen ausgesprochen. Bei Anträgen auf Teilzeit wird zudem intensiv im Einzelfall geprüft, ob dienstliche Gründe entgegenstehen. Auch Übernahmen von bisher befristet eingestellten Vertretungslehrkräften gehören zu dem Konzept. Zudem wurde der Seiteneinstieg in den Schuldienst in NRW erleichtert. An Grundschulen können Seiteneinsteiger berufsbegleitend ihre Lehramtsbefähigung mit Staatsprüfung erhalten.

Vorteile und Nachteile bei Seiteneinsteigern

Die Einstellung von Seiteneinsteigern sieht Neckov teils mit Skepsis. Teilweise würden Menschen mit unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen ohne angemessene Vorqualifizierung in Schulen eingesetzt. Mit der richtigen Qualifizierung könnten Seiteneinsteiger aber bereichernd sein. Der Lehrkräftemangel wirke wie ein Katalysator für den Seiteneinstieg.

«Der einzige Lichtblick ist, dass durch Seiteneinsteigende der akute Mangel etwas eingedämmt werden kann und der Zukunftsblick in diesem Jahr etwas besser ausfällt», so Neckov. So erwarte rund ein Viertel der Schulleitungen, künftig weniger stark vom Lehrkräftemangel betroffen zu sein. Drei von vier Schulleitungen (75 Prozent) bundesweit schätzen allerdings, dass ihre Schule in Zukunft vom Lehrkräftemangel stark oder sehr stark betroffen sein wird. Dabei handelt es sich häufig um Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Förder- und Sonderschulen.

Probleme mit Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Kritisch sieht der Bildungsverband VBE den künftigen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen (OGS). So sagte ein Drittel der Grundschulleitungen, dass ihre jeweilige Kommune die Umsetzung bis zum Schuljahr 2026/27 nicht sicherstellen könne. In NRW sind sogar fast die Hälfte der Grundschulleitungen dieser Meinung. Ab 2026/2027 tritt bundesweit der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz zunächst in den ersten Klassenstufen in Grundschulen in Kraft.

Trotz aller Belastungen üben der Umfrage zufolge bundesweit insgesamt 83 Prozent der befragten Schulleitungen ihren Beruf sehr gern oder eher gern aus - etwas mehr als im Vorjahr. Nur 16 Prozent gehen ungern zur Arbeit. Für NRW sind die Ergebnisse fast gleich.

NRW-Schulministerin Feller (CDU) wies auf die wachsenden Herausforderungen für die Schulen hin. Die Digitalisierung, die Integration Zehntausender Geflüchteter und der Offene Ganztag seien riesige Aufgaben, die Tag für Tag gemanagt werden müssten. Zudem verlangten die gesellschaftlichen Entwicklungen ein stärkeres Engagement in der Demokratiebildung und Werteerziehung ab. Letztlich sei dafür aber auch die Gesellschaft insgesamt gefordert. «Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des bundesweiten Lehrkräftemangels können wir nicht immer mehr von unseren Schulen verlangen», sagte Feller. Vielmehr hätten die jüngsten Bildungsstudien klar gezeigt, dass die Schulen sich auf das Wesentliche konzentrieren müssten.

© dpa
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